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Schwerpunkt Kugelspiele
Klootschiessen oder »Lüch up un fleu herut«
Geschichte nationalsozialistischen Zeit widersetzten sich
der Verband der Eingliederung in den
Wahrscheinlich ist das Klootschiessen (NS)Reichsbund für Leibesübungen, indem er
aus einer vorzeitlichen friesischen sich nicht den Organisationen des Sports zurech-
Waffe entstanden, die die Friesen auf nete, sondern das Klootschiessen in seiner Tra-
Schiffe und Gegner schleuderten. Die friesi- dition als Heimat- und Friesenspiel verstanden
wissen wollte. Der FKV trat der NS-
schen Kämpfer sollen Kulturgemeinde bei und konnte so einen gewis-
gefürchtet für ihre sen Grad an Selbstständigkeit wahren. Vor allem
Wurfgeschosse gewe- durfte weiter Niederdeutsch bzw. Friesisch beim
sen sein. Der Begriff Wettkampf gesprochen werden, was bei einem
»Kloot« kommt aus Sport verboten war. Erst nach dem Zweiten
dem Niederdeutschen Weltkrieg orientierte sich der FKV wieder um
und leitet sich von und wurde als Mitglied des Landessportbund
»Kluten« her. Mit
Kluten ist ein Erdklum-
pen gemeint. In der
Weiterentwicklung dieses Sports benutzte man
schwere Flintkugeln und zweipfündige Eisenku-
geln. Später wurde Holz des Apfelbaums zu
faustgrossen Kugeln verarbeitet, die man kreuz-
weise durchbohrte. Der dadurch entstandene
Hohlraum wurde mit Blei ausgegossen.
Der niederländische Reformator Jacobus van
Oudenhoven nahm 1659 das Kloot werpen am
Sonntag nach dem Gottesdienst in sein Sünden-
register auf.
Mit dem Klootschiessen verbanden sich früher
viele Begleiterscheinungen. So wurden oft
Wettkämpfe ausgetragen, bei denen um Geld o-
der andere Wertgegenstände gespielt wurde. Da
die Sportart im Winter ausgeübt wurde und in
früheren Zeiten die Sportbekleidung aus Unter-
wäsche bestand, soll es Todesfälle durch Lun-
genentzündungen gegeben haben. Oftmals
wurde während des Wettkampfes viel Alkohol
konsumiert. Da es dann zwangsläufig zu ungül-
tigen Würfen kommen musste, wurde oftmals
sogar blutig gestritten. Dementsprechend wurde
die Sportart gelegentlich durch die Obrigkeit
verboten, aber letztendlich setzte sich das Kloot-
schiessen immer wieder durch.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in
Deutschland ein Dachverband, der FKV (Friesi-
scher Klootschiesser Verband) gegründet. In der
Spielinfo 1 / 2015 | 23