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Interview

Was ist ihre Beziehung zur Schweiz der ge-          Sind sie süchtig nach dem Applaus nach so lan-
wöhnlichen Leute? Es gibt ja von Mani Matter        gen Jahren
dieses Lied, »Warum syt Dir so truurig«. Sind       Ja, also man gewöhnt sich natürlich schon dran,
wir, zumindest der Deutschschweizerteil, ein        es ist natürlich eine schöne Gewohnheit. Dass es
trauriges Volk?                                     (Applaus) grad‘ gar nicht stattfindet, das passiert
Das würde ich gar nicht sagen. Es gibt einen        mir nie – zum Glück. Ich bin dann natürlich
Schweizer Humor, es gibt wunderbare Kabaret-        schon empfindlich, wenn Applaus ein bisschen
tisten, Komiker. Ich meine, da kann man anfan-      schwächer ist. Man ist dann ein bisschen depri-
gen bei Emil oder bei Franz Hohler, oder der lei-   miert und denkt: »Was ist denn heute wieder
der verstorbene Caesar Kaiser, oder sein Sohn       los?« Aber süchtig bin ich nicht.
Lorenz Kaiser und so weiter. Viele Komiker          Wäre nicht die Rolle des Hofnarren ideal, woll-
also. Aber auch in der Kunst findet man den Hu-     ten Sie nie die Rolle des Hofnarren der Politik
mor – wenn man denkt, ein Tinguely, was der in      werden?
der Bildhauerei für einen Humor entwickelte!        Also wissen sie, das ist ja ein Thema, das mich
Ich finde auch die Bergler in der Schweiz, die      immer fasziniert hat, dass der Hofnarr eigentlich
haben Humor, oder die Appenzeller, die haben        die Aufgabe hat lustig zu sein. Doch im Gegen-
einen eigenen Humor. Und generell die Vielfäl-      teil sollte er sogar die Wahrheiten sagen. Aber
tigkeit in der Schweiz: also ich finde die Schwei-  nur unter der Bedingung, dass sie komisch sind,
zer überhaupt kein trockenes Volk.                  dass es auf komische Weise gesprochen und ge-
Man hört oft, der Künstler auf der Bühne lebe       sagt wird. Dass der König dann lachen kann dar-
auch von der Energie des Publikums, was da zu-      über; aber auch ganz harte Wahrheiten, auch
rückkäme, das trüge ihn, bräuchte er. Ist das       Kritiken, (…). Aber wehe, wenn er den König,
wichtig für Sie? Gibt es Abende, wo sie ein Pub-    dann nicht zum Lachen bringt!...
likum mehr lieben?                                  …dann hängt er selber…
Früher war ich sehr empfindlich auf schlechtes      …das ist dann sehr kritisch. Das setzt den
Publikum, aber dann war ich auch schlecht.          Clown, den Narren, sehr unter Druck, das ist
Doch das habe ich aber dann bald gelernt abzu-      nicht leicht. Aber diese sogenannte Narrenfrei-
stellen, das darf man ja nicht. Man darf nie das    heit, dass der Narr alles darf, und das gilt auch
Publikum beschuldigen: es kann gar nichts da-       für den Clown, die gilt unter der Bedingung,
für, in welcher Konstellation es da ist. Und je     dass es komisch, dass es clownesk ist. (…) Im
nach Zusammensetzung fällt die Reaktion halt        Theater auf der Bühne kann ich nicht Politik ma-
so oder so aus.                                     chen. Nummern machen, die eine politische
Frustriert sind sie schon, wenn es ein schlechtes   Message haben, das kann ich nicht. Ich habe
Publikum ist…                                       eine bestimmte Vorstellung von Clown. Der
…nicht mehr – ich bin jetzt weise (lacht).          Clown sollte die Menschen zum Lachen brin-

                                                    Spielinfo 2 / 2015 | 39
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