Page 48 - Magazin Schweizerischer Dachverband für Spiel und Kommunikation
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Schwerpunkt
Maschine gegen Mensch – ein Durchbruch im Spiel «Go»
Bereits 1997 gelang es dem IBM- der Geschichte der künstlichen Intelligenz nach
Computersystem «Deep Blue», den dem Schachcomputer «DeepBlue» von 1997.
amtierenden Schachweltmeister
Garry Kasparow zu schlagen. Der Compu- Maschinen lernen Bauchgefühl
ter war in der Lage, pro Sekunde 200 Milli-
onen mögliche Spielzüge durchzurechnen. Genau dieser Durchbruch scheint nun Realität.
Für Go reicht das noch lange nicht. Im März Der Grund dafür liegt in den Fortschritten, die in
2016 hat das Software System «AlphaGo» den letzten Jahren bei der Entwicklung neurona-
den weltbesten Go-Spieler tatsächlich klar ler Netze (vergleiche Kasten am Ende dieses Ar-
geschlagen. tikels) mehr als erzielt wurden. Die Software
imitiert dabei unser Hirn: Statt stur vorgegebe-
Simpel und deshalb so kompliziert nen Regeln zu folgen, lernen die Maschinen
selbständig.
Das Spiel, das vor etwa 2500 Jahren in China er- Die Forscher haben ihrem System «AlphaGo»
funden wurde, ist wesentlich komplexer als rund 30 Millionen Spielzüge aus verschiedenen
Schach. Dabei sind die Regeln denkbar einfach: Go-Partien gezeigt. Die Maschine erlernte so
Gespielt wird auf einem Brett mit 19 mal 19 Li- selbständig das Spiel. Um ihr System weiter zu
nien, die die Spieler mit schwarzen oder weissen trainieren, haben die Entwickler dann zwei Com-
Steinen belegen. Ähnlich wie beim Mühlespiel puter gegeneinander spielen lassen. Wie Men-
müssen die Kontrahenten darauf achten, dass schen, so lernen auch die Systeme beim Spielen
ihre Steine vom Gegner nicht eingekesselt wer- ständig dazu, mit einem grossen Unterschied:
den, sonst verlieren sie diese. Gewinner ist, wer Während es ein Profi auf etwa 1000 Partien pro
am meisten Fläche kontrolliert. Jahr bringt, sind den Maschinen praktisch keine
Grenzen gesetzt. Millionen von Übungspartien
Es sind gerade diese einfachen Regeln, die mit sind durchaus realistisch – pro Tag.
dazu führen, dass bei jedem Schritt bis zu 200
Spielzüge möglich sind: Beim Schach sind es Der Beweis für die Überlegenheit
zwischen 25 und 35, schätzt man. des Computers ist erbracht
Go – der heilige Gral der Die Strategie der Google-Spezialisten war er-
künstlichen Intelligenz folgreich: AlphaGo schlug im Oktober 2015 den
amtierenden Go-Europameister Fan Hui
Kein Computer (5:0).Zum ersten Mal war die Maschine einem
ist in der Lage, Meister überlegen. Doch Go ist in Europa kein
200 mögliche Volkssport und im weltweiten Vergleich ist Fan
Spielzüge über mehrere Schritte vorauszu-
schauen. Auch Menschen sind überfordert. Pro- Der Computer bereitet dem weltbesten Go Spieler Lee Sedol Kopfzerbrechen.
fessionelle Go-Spieler denken anders als ihre Bild: Aargauer Zeitung
Kollegen beim Schach. Sie reflektieren nicht.
Die Spieler entscheiden oft aus dem Bauch her-
aus. Die richtige Lösung fühle sich schön an, sa-
gen sie.
Doch Intuition ist nicht die Stärke von Maschi-
nen. Go galt deshalb bei Experten als heiliger
Gral der künstlichen Intelligenz. Gelänge es, ein
System zu entwickeln, das einem Go-Profi über-
legen ist, so wäre das ein weiterer Meilenstein in
Spielinfo 1 / 2016 | 48