Page 26 - Magazin Schweizerischer Dachverband für Spiel und Kommunikation
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Schwerpunkt
Spielfreude als Lernmethode –
wie Computerspiele das Lernen erfolgreicher machen
Text: LINDA BREITLAUCH zudem als relativ sicherer Lieferant der für er-
folgreiches, nachhaltiges Lernen so wichtigen
Warum es ein Irrtum ist, Spielen intrinsischen (nach innen gewendete) Motivation.
als Zeitverschwendung abzutun
und wie Computerspiele das Computerspiele vermitteln Lerninhalte
Lernen erfolgreicher machen.
Es ist deshalb offensichtlich, dass gerade Com-
«Bei Computerspielen liegt der besondere puterspiele Lerninhalte sinnvoll vermitteln kön-
Spass daran, dass man schrittweise nen. Die Rede ist dann zumeist von «Serious Ga-
erlernen kann, wie sich das Spiel mes», «Game Based Learning» oder – für die
schlussendlich meistern lässt.» Kinder und Jugendliche – von «Edutainment»:
Spiele, die nicht nur Spass machen, sondern
(Bates, 2002, S. 38) auch sinnvolle Lerninhalte vermitteln können
(Anmerkung der Redaktion: vergl. Artikel über
Das Spiel im Zentrum des Lernprozesses Serious Games in dieser Ausgabe, ab Seite 32).
Mit sinnvoll ist in diesem Zusammenhang ge-
Wie sich der Prozess des aktiven, transformati- meint, dass sich die Inhalte, die im Spiel gelernt
ven Lernens bei Heranwachsenden vollzieht, werden, in gewisser Weise auch auf das «wirk-
wurde schon in den frühen 1940er Jahren er- liche» Leben übertragen lassen.
kannt. Der Schweizer Entwicklungspsychologe
Jean Piaget sieht das Spiel im Zentrum des Lern- So konnte bereits bei Untersuchungen, die nicht
prozesses und als wichtigsten Faktor bei der explizit mit Lern-, sondern mit reinen Unterhal-
Herausbildung der Intelligenz. Dies vollziehe tungsspielen durchgeführt wurden, bei regel-
sich durch die Anpassung an Umweltstrukturen, mässigen Spielern Erhöhungen bestimmter Fä-
Nachahmung als auch durch das Einfügen von higkeiten kognitiver Art festgestellt werden –
Umweltreizen in die bereits vorhandene intel- wie beispielsweise das räumliche Vorstellungs-
lektuelle Struktur einer Person. vermögen oder bei der gleichzeitigen Erfassung
Dabei ist für Piaget das Spiel eine Form elemen- mehrerer Objekte. Es ist jedoch nicht ohne wei-
taren Denkens: im Spiel wird die Wirklichkeit teres möglich und aufgrund des gewünschten
reflektiert und gelernt. Dieser Prozess wird vom Kontextes der Probehandlung auch nicht er-
Spieler als Probehandlung wahrgenommen, das wünscht, dass ein Spiel die Wirklichkeit nur si-
heisst, das Gelernte wird in erster Linie im Spiel- muliert und das zu Lernende explizit vermittelt
kontext angewendet. Das Spiel ist der Vorgang, wird.
mit dem sich der Spieler von der reinen Nachah-
mung emanzipiert und beginnt, sich mit der In einer realistischen Simulation kann Realität
Welt und der Wirklichkeit auseinander zu set- dargestellt werden. Doch im Spiel muss der
zen. Lerninhalt so abstrahiert werden, dass die Aus-
Heute spricht man (nach David A. Kolb) vom wirkungen in gewünschter Form übertragbar
«Experiential Learning»: Lernen wird als ein sind. Wünscht man beispielsweise eine Kompe-
Prozess beschrieben, in dem Wissen durch die tenzsteigerung im Bereich des räumlichen Vor-
Transformation von Erfahrungen entsteht. stellungsvermögens, kann dies auch in fiktiven
Interaktion und Reflektion sind demnach unab- virtuellen Welten erfolgen, die nicht notwendi-
dingbare Lernfaktoren, die sich offenbar am bes- ger Weise den Regeln der wirklichen Welt ent-
ten im Spielkontext manifestieren. Spiele gelten sprechen. Der Spieler kann sich freiwillig auf
Spielinfo 1 / 2016 | 26