Page 27 - Magazin Schweizerischer Dachverband für Spiel und Kommunikation
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Schwerpunkt
eine fiktive Spielsituation einlassen und erwar- Zielgruppenermittlung für ein Serious Game re-
tet, dass sein Handeln nur innerhalb des Spiel- levant.
kontextes, nicht jedoch im wirklichen Leben be- Idealerweise hat die Zielgruppe einen Zugang
wertet wird. zum Computerspiel, so dass alleine das Medium
für junge Menschen bereits eine intrinsische
Übertragen von Schlüsselqualifikationen Motivation darstellen kann. Dies alleine reicht
aber nicht aus. Die Motivation muss erhalten
Bisher wurde eine Übertragung bestimmter bleiben, damit der Lernerfolg nachhaltig wirken
Schlüsselqualifikationen auf andere Lebensbe- kann.
reiche jedoch kaum explizit untersucht, wenn- Um dies zu erreichen, müssen zunächst die ge-
gleich das Potenzial insbesondere unter Medien- wünschten Lernwirkungen eines Serious Game
pädagogen durchaus erkannt wird. Genannt wer- benannt werden, um die Lernziele festzulegen
den beispielsweise: und die geeigneten didaktischen Methoden zu
− eine Erhöhung der Problemlösungskompe- analysieren.
Darüber hinaus können die grundsätzlich positi-
tenz, ven Effekte dann entstehen, wenn Lerninhalte so
− eine Erhöhung der Rahmungs- und Einord- integriert werden, dass sie durch das Spiel adä-
quat vermittelt werden können. Hierzu sollten
nungskompetenz, mediendidaktische Modelle mit den Potenzialen
− eine Erhöhung der Sozialkompetenz – ins- von Spielprinzipien in Einklang gebracht wer-
den.
besondere Koordination und Kooperation
− sowie die Aushandlung, Einhaltung und Potenziale entfalten sich
Durchsetzung von Regeln und Wie sich die Potenziale im Spiel entfalten, lässt
− die Regulierung von Konflikten bis hin zur sich am besten beim Spielen von reinen Unter-
haltungsspielen beobachten, denn auch hier
Sprachkompetenz. muss zuerst erlernt werden, wie das Spiel ge-
meistert werden kann:
Virtuelle, interaktive Welten bieten die Mög- Eine Spielsituation stellt den Spieler vor eine
lichkeit, Zusammenhänge zu veranschaulichen, Entscheidung. Der Spieler führt eine oder unter-
die sich in der wirklichen Welt nicht oder nur schiedliche Handlungen aus und beobachtet, wie
schwer simulieren lassen. Der Aspekt der «Pro- diese sich jeweils auf den Spielzustand auswir-
behandlung» wird somit von Darstellungs- und ken. Aufgrund der Beobachtungen stellt er eine
Erlebnisformen erweitert, die zusätzlich die These auf über Bedingungen und Ziel des Spiels
lernmotivierende Neugierde fördern können. Es oder der Spielsituation. Schliesslich entdeckt er
liegt deshalb nahe, die erkannten Potenziale ei- grundlegende Muster und Systeme, die er immer
nes Spiels zu nutzen und explizite mediendidak- wieder variieren und auf andere Situationen
tische Konzepte ins Spielkonzept zu integrieren. übertragen kann. Dabei werden die Herausfor-
derungen kombiniert, so dass sich aufbauend auf
Konzeption von Lehrvorgängen im Spiel den bereits vorhandenen Kompetenzen neue ent-
wickeln können.
Ein Serious Game kann demnach erfolgreicher
sein als andere Lernmaterialien – wenn es die Vielfältige Lernziele
Potenziale des Spiels und die Didaktik des trans-
formativen Lernens miteinander in Einklang Die Lernziele reichen dabei über Aneignung
bringen kann. durch Entdecken, durch Einübung, Erwerb von
Problemlösungskompetenz oder beim kritisch-
Dazu müssen zunächst die Vorteile der interak- konstruktiven Ansatz bis zur Ausbildung von
tiven, audiovisuellen Umgebung genutzt wer-
den. Ein Serious Game sollte idealerweise so ge-
staltet werden, dass die Zielgruppe und deren
Ansprüche hinsichtlich Zugang und Lernkurve
beachtet werden. Neben den soziodemographi-
schen Daten sind insbesondere die Aspekte der
Motivation sowie der Medienzugang für die
Spielinfo 1 / 2016 | 27